Warnung vor dem DINosaurier – die DIN 18202 wird zur Gefahr

Wer als Fliesenleger streng nach Norm arbeitet, lebt gefährlich. Längst sind einige der Richtlinien, die in der DIN 18202 "Toleranzen im Hochbau", definiert sind, in der Praxis überholt. Der Markt hat seine eigenen Gesetze und in diesem Tipp erfahren Sie, wie Sie dem DINo die Zähne zeigen.

Im Grunde sind Normen ja eine feine Sache. Sie beschreiben für alle verbindliche Anforderungen, die allgemeine Gültigkeit haben, geben Sicherheit und schaffen Vergleichbarkeit. Was aber, wenn die Praxis das Papier überholt? Wenn der Alltag eine andere Sprache spricht als Amtsdeutsch? Wenn die Regeln plötzlich nicht mehr die Regel sind?

 

Ebenheit messen – DINo vergessen

Ein gutes Beispiel für die Gefahr, die von DINos, wie der DIN 18202, ausgeht, sind die vermeintlich tolerierbaren Unebenheiten beim Verlegen von Fliesen: 3 mm sind auf einer Strecke von einem Meter bei erhöhten Anforderungen angeblich drin – sagt die Norm. Doch der Fliesenlegeralltag spricht eine ganz andere Sprache: Bei den heute üblicherweise verlegten Großformaten ist diese Toleranz in der Praxis längst nicht mehr akzeptabel. Kein Profi versteht sie deshalb mehr als Richtlinie. Heute ist eine völlig neue Dimension der Präzision gefragt, und wer sich streng an den DINo klammert, hat schon verloren, bevor der Job beginnt.

 

Wer Niveau hat, nivelliert gekonnt

Wer bei der Abnahme seiner Arbeit keine bösen Überraschungen erleben will, muss jeden Untergrund vor dem Verlegen der Fliesen zunächst auf seine Belegreife prüfen, die Ebenheit messen und diese ggf. professionell nivellieren.

Je weniger Spielraum die Verlegungen zum Ausgleich von Abmessungsunterschieden lassen – als besondere Kandidaten sind hier Dünnbettverlegungen und Verlegungen im Verband zu nennen - umso wichtiger ist es, mit größter Präzision und minimalen Toleranzen zu arbeiten.

Fliesenlegerprofis, die den DINos gekonnt Paroli bieten, weihen zudem den Bauherrn in die Thematik ein. Sie zeigen ihm damit, mit welchen Fliesen in diesem Zusammenhang ein wirklich optimales Verlegeergebnis erzielt werden kann.

 

Plan spachteln? Guter Plan

Der hier und da steinzeitlich anmutende Charakter des DINos 18202 zeigt sich besonders bei den großen Fliesenformaten. Hier empfehlen wir, Wand- wie Bodenflächen plan zu spachteln oder auszugleichen. So sieht das auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), der in seiner Fachinformation “Großformatige keramische Fliesen und Platten” ausdrücklich auf die eventuelle Notwendigkeit von Ausgleichsspachtelungen hinweist. Oder auf eine alternative Verlegung im Mittelbettverfahren.

 

Präzision ist eine prima Investition: Wer nicht alt aussehen will, gibt mehr als gefordert

Das Stichmaß sticht: Ebenheit drückt sich im Stichmaß zwischen der Verbindungsgerade zweier Hochpunkte und dem dazwischenliegenden Tiefstpunkt (bzw. umgekehrt) aus. Die Lage der Hoch- bzw. Tiefpunkte bestimmt dabei auch den Messpunkteabstand.
Zwei Höhepunkte, ein Tiefpunkt: Die Skizze zeigt, wie über eine Wegstrecke von 10 m verschiedene Messpunkte definiert werden. Je nach Grad der Unebenheit sind mal mehr, mal weniger Messungen nötig. Wichtig: Keine Messung an auskragenden Enden.
DINos richtig lesen: In Tabelle 3, Zeile 3 der DIN 18202 sind die Ebenheitstoleranzen definiert. Maßgabe sind flächenfertige Böden (beispielsweise Estriche als Nutzestriche). Ein Blick zeigt, dass bei einer Messstrecke von 4 m die Toleranz maximal 10 mm beträgt.
Millimeterarbeit, die sich lohnt: Sorgfalt zahlt sich für den Profi aus. Der wahre Könner definiert weit über die DINos hinausgehende eigene Ansprüche und übertrifft die Allgemeinheit mit größter Präzision. Ihre Kunden werden es Ihnen danken.

Toleranz überschritten? Na, toll!

Jetzt ist es wichtig, dass Sie sich als cleverer Unternehmer den Mehraufwand, der mit dem Nivellieren und Ausgleichen verbunden ist, auch wirklich bezahlen lassen. Gemäß ATV DIN 18532 gelten diese Tätigkeiten als besondere Leistung, die extra zu vergüten ist. Bitte beachten Sie, dies entsprechend bei der Ausschreibung bzw. Angebotserstellung zu  berücksichtigen. Oder Sie machen den Aufwand als Nachtrag geltend.

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